Artikel von Frank Klein im Neckar und Enzbote.
Besigheim & Umgebung | Freitag, 27. August 2021.
Die Bönnigheimerin Ann Marie Ackermann hat die Vogelwelt genau im Blick – Seltenere Arten wie die Heidelerche im Fokus.
Vögel hätten sie immer fasziniert, sagt Ann Marie Ackermann. Und so richtete sich ihr Blick in ihrer Heimat, dem US-Bundesstaat Indiana, schon als Kind regelmäßig gen Himmel. In der ersten Klasse durften sich alle Schüler ein Bilderbuch in der Schulbibliothek aussuchen. „Bei mir war es natürlich ein Vogelbestimmungsbuch“, meint sie schmunzelnd. „Dabei konnte ich die Texte noch gar nicht lesen.“
Vor 25 Jahren verschlug es die US-Amerikanerin, nachdem sie als Staatsanwältin in der Westküstenmetropole Seattle gearbeitet hatte, nach Deutschland. In Bönnigheim fand sie eine neue Heimat und beschloss hier, sich noch intensiver mit Amsel, Drossel, Fink und Star zu beschäftigen. Im Landkreis Heilbronn begann sie, Wasservögel im Umfeld einer Zuckerfabrik zu kartieren; schon bald kam auch die Beobachtung häufiger Brutvögel hinzu.
Derzeit arbeitet Ackermann mit drei Organisationen zusammen: Für die Forstliche Versuchs- und Forschungsanstalt Baden-Württemberg beobachtet sie Waldschnepfen am Seeberg bei Freudental, für die Ornithologische Gesellschaft Baden-Württemberg erfasst sie den Bestand von Heidelerchen in den Bönnigheimer Weinbergen. Und für die Ornithologische Arbeitsgemeinschaft Heilbronn hält sie auf drei festgelegten Routen die Augen auf, um fast vor der eigenen Haustür Rebhühner zu erspähen.
In den vergangenen Jahren hat Ackermann die Beobachtung häufiger Brutvögel aufgegeben und konzentriert sich nun komplett auf seltener anzutreffende Arten. „Bei diesen seltenen Brutvögeln ist es noch wichtiger, dass man sie im Auge behält“, betont die heute 62-Jährige.
Etwa die Heidelerche, eine Vogelart, die in hiesigen Gefilden seit den 60er Jahren als ausgestorben galt. 2010 entdeckte Ackermann erstmals ein Exemplar in den Bönnigheimer Weinbergen, nachdem ein anderer Hobby-Ornithologe einige Jahre zuvor bereits eine Heidelerche am Heuchelberg gesichtet hatte.
Zweimal im Jahr ist sie in der von Weinbau geprägten Gegend zwischen Bönnigheim und Tripsdrill unterwegs und hält Ausschau. In den vergangenen beiden Jahren konnte Ackermann jeweils einen Brutnachweis liefern – ein Elternvogel hatte Futter im Schnabel, das reicht in Ornithologenkreisen als Brutnachweis aus. Überhaupt bereitet ihr die Heidelerche seit einigen Jahren viel Freude. „Ich schätze, dass es wieder mindestens fünf Brutpaare rund um Bönnigheim gibt.“
Harte Zeiten macht dagegen das Rebhuhn durch, in weiten Teilen West- und Zentraleuropas haben sich die Bestände stark verringert. „Vor zehn Jahren gab es noch mehrere Rebhühner in Bönnigheim, aber es sind viel weniger geworden“, erzählt Ackermann. 2016 entdeckte sie erstmals nach Jahren wieder einen der Hühnervögel.
Auf der Pirsch lockt sie die Rebhühner mit einer Klangattrappe an. Nur Experten dürfen einen solchen Apparat benutzen, Ackermann hat über die Ornithologische Arbeitsgemeinschaft eine Genehmigung. „Wenn man die Klangattrappe zu oft benutzt, könnte man den Vogel vertreiben“, erklärt sie. „Er könnte davon ausgehen, dass sein Revier von einem Konkurrenten besetzt ist.“ Ackermann setzt dieses Instrument sehr behutsam ein, „aber in der Vogelbeobachtung arbeite ich lieber mit den Ohren als mit den Augen“.
Nachtschichten sind angesagt, wenn sie nach der Waldschnepfe sucht. Auf einer Waldlichtung am Seeberg versucht sie, die Silhouetten der nachtaktiven Vögel auszumachen. „Man hört sie kaum, wenn sie über die Lichtung fliegen“, so Ackermann. „Aber sie rufen bei ihren langen Balzflügen. Weil sie so weit fliegen, ist es allerdings schwierig diesen Vogel genau zu kartieren.“ Die unter Ornithologen als „Ziwitzen“ und „Quorren“ bezeichneten Rufe der Waldschnepfe kann sie täuschend echt nachahmen.
Sie Vogelbeobachtung sei für sie fast wie eine Schatzsuche, sagt Ackermann. „Ich gehe raus, und vielleicht entdecke ich etwas, was sonst niemand in Bönnigheim weiß.“ Neue Waldschnepfen oder andere Vögel zu entdecken, habe einen ganz eigenen Reiz – und auch einen Mehrwert. Sie sei zwar keine Wissenschaftlerin, „aber ich gebe meine Daten an die Fachleute weiter und die können mehr damit anfangen“. Leider seien längst nicht alle Gebiete in Baden-Württemberg von ehrenamtlichen Vogelbeobachtern abgedeckt. „Es wäre toll, wenn noch mehr Leute mitmachen würden.“